Was sind Öchsle? – Fachbegriffe bei der Weinverkostung

Zugegeben: Bei einer Weinverkostung in einer Vinothek wird der Begriff „Öchsle“ wohl eher selten fallen – aber die Öchslegrade spielen bei der Herstellung von Wein eine wichtige Rolle. Gemeint ist damit das Mostgewicht, also der Zuckergehalt des frischen Traubensafts. Dieser beeinflusst maßgeblich die Güte des späteren Weins.

Öchslegrade: Wie reif sind die Trauben?

Wann sind die Trauben eigentlich bereit für die Lese? Die Antwort auf diese Frage liefert dem Winzer der Öchslegrad. In Deutschland zücken Winzer mit Beginn des Spätsommers ihre Messgeräte, um im Weinberg das Mostgewicht des Traubensafts zu bestimmen. Je nachdem, welches Prädikat der Wein bekommen soll, entscheidet der Zuckergehalt in den Trauben über den Erntezeitpunkt.

Reifere Beeren enthalten mehr Zucker als junge und sind damit auch schwerer. Bei der Gärung wird der Zucker in Alkohol umgewandelt. Das Mostgewicht lässt somit Rückschlüsse auf den späteren Alkoholgehalt zu. Insbesondere überreife Trauben mit sehr hohen Öchslegraden weisen eine deutliche Süße und einen hohen Alkoholgehalt auf.

Wie viel Öchsle muss ein Wein haben?

Das kommt ganz auf den Wein an: Für einen Kabinett-Wein müssen die Trauben bei der Lese ein Mostgewicht von mindestens 67°Oe (67 Öchslegrade) haben. Für eine Auslese braucht es 83°Oe und für eine Trockenbeerenauslese sogar 150°Oe. Je nach Traubensorte und Anbaugebiet variieren diese Definitionen.

Und was genau misst der Öchslegrad?

Die Einheit Öchslegrad gibt an, um wie viel schwerer beziehungsweise dichter der Traubenmost aufgrund des Zuckergehalts im Vergleich zu einem Liter reinen Wassers ist. 1°Oe ist gleichzusetzen mit 1 g (Gramm). Das bedeutet, ein Liter Most wiegt 1001 Gramm. Multipliziert der Winzer das Mostgewicht mal 2, erhält er den (ungefähren) Zuckergehalt des Mostes. Teilt der Winzer das Mostgewicht durch 10 und multipliziert das Ergebnis mit 1,26, erhält er die Volumenprozente an Alkohol im späteren Wein.

 

Beispielrechnung bei einem Mostgewicht von 75°Oe

Gewicht: 75 + 1.000 = 1.075 Gramm/Liter

Zuckergehalt: 75 x 2 = 150 Gramm Zucker/Liter

Alkoholgehalt: (75 / 10) x 1,26 = 9,45 Volumenprozent

 

Wie die Öchslegrade zu ihrem Namen kamen

Der Erfinder der Messeinheit war Christian Ferdinand Oechsle. Der Pforzheimer lebte von 1771 bis 1852 und arbeitete als Apotheker, Goldschmied und Physiker. Oechsle nutzte für die Bestimmung des Mostgewichts eine Senkspindel: Je höher die Schwimmtiefe, desto höher das Mostgewicht. Heute nutzen Winzer vorwiegend ein Refraktometer. Bei diesem optischen Messgerät wird das Mostgewicht mithilfe des Lichteinfalls bestimmt: Die Zuckermoleküle brechen das Licht in einem bestimmten Winkel, der den Öchslegrad angibt.

In anderen Ländern ist die Bezeichnung mit Öchslegrad übrigens nicht üblich. In Frankreich beispielsweise wird das Mostgewicht in Baumé angegeben, in Amerika mit Brix. Die Österreicher bestimmen den Zuckergehalt nach der Klosterneuburger Mostwaage. Alle Einheiten beruhen jedoch auf dem Gewichtsunterschied zwischen Most und Wasser.

Darauf stoßen wir an